Wie Osteopathie bei ständiger Müdigkeit helfen kann

Ein Gastbeitrag von Rohit Mathur – Osteopath, Heilpraktiker und Personaltrainer in Hamburg

Es gibt natürlich viele Ursachen für ständige Müdigkeit. Ganz spontan fallen mir Schlafmangel, ungesunde Ernährung, zu wenig Flüssigkeit, psychische Anspannung und auch Bewegungsmangel ein. Auch organische Fehlfunktionen wie Schilddrüsenunterfunktion, Anämie oder Tumore können für ständige Müdigkeit verantwortlich sein.

Oft ist es aber so, dass Patienten in meine Praxis für Osteopathie in Hamburg kommen, die bereits bei ihrem Arzt alles haben durchchecken lassen. Es wurde Blut abgenommen, verschiedene Tests durchgeführt, sogar CT-, MRT- oder Röntgenbilder wurden gemacht. Alles ohne Befund und trotzdem fühlen sie sich immer noch abgeschlagen und ständig müde. Da in Deutschland die Osteopathie immer noch in den Kinderschuhen steckt, ist der Weg zum Osteopathen meist ein viel späterer und manchmal sogar die letzte Hoffnung. In diesem Artikel möchte ich die osteopathische Sichtweise auf gewisse Beschwerden aufzeigen.

Was ist Osteopathie?

Für viele Leser ist noch nicht klar, was Osteopathie überhaupt ist. Das erkläre ich hier nun mit wenigen Sätzen. Entwickelt wurde die Osteopathie bereits 1874 von dem amerikanischen Arzt Andrew Taylor Still. Allein mit den Händen werden Funktionsstörungen, Spannungen und Bewegungseinschränkungen diagnostiziert und im Anschluss auch behandelt. Ein wichtiger Grundsatz lautet “Leben ist Bewegung“. Ist die Beweglichkeit in irgendeiner Struktur im Körper eingeschränkt, so wirkt sich diese Einschränkung auch auf die jeweilige Funktion aus. Gibt es nun in unserem Körper mehrere solcher Bewegungsverluste, kann dies unser Organismus nicht mehr kompensieren. So kommt es zu den ersten Symptomen.

Je nach Störung könnten Verspannungen im Nacken oder Rücken auftreten. Auch Wirbelsäulenblockaden oder ein Hexenschuss sind keine Seltenheit. Kopfschmerzen, Tinnitus, Schwindel, Verdauungsprobleme und ständige Müdigkeit könnten weitere Symptome sein. Die Aufzählung könnte einige Seiten in einem Buch füllen und die hiergenannten Symptome wären nur beispielhaft. Die Beschwerden können auch an einer völlig anderen Stelle des Körpers zu spüren sein. Diese Störungen sind mit medizinischen Geräten anfangs oft nicht fassbar, sodass die Patienten oft sehr unter ihrer Situation leiden und sich nicht ernst genommen fühlen. Diese Funktionsstörungen können tatsächlich zu ernsthaften Erkrankungen führen, wie Magengeschwüre oder Bandscheibenvorfälle, wenn der Körper die Störungen nicht mehr ausgleichen kann.

Was macht ein Osteopath beim Symptom “ständige Müdigkeit“?

Da die Osteopathie keine symptombezogene Therapie ist, wird der Osteopath ganz allgemein beginnen. Er geht auf die Suche nach der Ursache. Vergleichbar wie in einem Krimi fängt er ganz grob an und sammelt immer mehr Details zusammen.

In der Regel beginnt die Behandlung mit einem ausführlichen Anamnesegespräch. Die ersten Worte werden gewechselt und der Patient vertraut sich dem Osteopathen an. So bekommt der Osteopath wichtige Informationen über den Krankheitsverlauf, dessen Geschichte und auch über die Lebensgewohnheiten des Patienten. Hier werden Fragen über die aktuellen Beschwerden, chronische Krankheiten, Unfälle, Verletzungen, medizinische Eingriffe, Impfungen, Medikamente, Verdauung, Toilettengänge, Ernährung, Arbeit und die familiäre Situation gestellt.

Anschließend sieht sich der Osteopath zunächst die Haltung des Patienten an. Diese Informationen geben ihm erste Hinweise auf mögliche Störungen und Ausgleichsmechanismen.

Da Krankheitssymptome immer mit Veränderungen der Gewebespannung oder Beweglichkeit verbunden sind, wird der Osteopath nun mit der körperlichen Untersuchung beginnen. Eines der wichtigsten Grundlagen der osteopathischen Diagnostik ist das Abtasten und Fühlen. Für diese Untersuchung wird der Osteopath nur seine Hände benutzen. Hier wird hohe Konzentration von ihm gefordert. Im Laufe seiner vier- bis fünfjährigen Ausbildung zum Osteopathen werden seine Hände hochsensibilisiert. Mit bloßer Berührung und sanftem Druck bekommt er wertvolle Informationen über Temperatur, Spannung und Beweglichkeit der Haut. Auch das darunterliegende Gewebe, Muskeln, Bänder, Faszien und selbst innere Organe nimmt er wahr. Daher ist medizinisches Wissen und Erfahrung sehr wichtig für den Erfolg eines Osteopathen.

Es gibt viele verschiedene Tests, die der Osteopath anwenden wird. Da die Osteopathie keine symptombezogene Therapie ist, wird der Osteopath auch ganz andere Bereiche des Körpers testen, um der Ursache auf den Grund zu gehen. In der Osteopathie wird nicht nur auf Krankheiten untersucht, sondern auch auf Funktionseinschränkungen und Kompensationen .

Beispiel aus der Praxis für eine Kompensation:

Der Patient ist beim Joggen vor Jahren umgeknickt. Er kommt nun aber mit Nackenschmerzen und Verspannungen in der Halswirbelsäule zu mir. Durch das Umknicken mit einem Fuß, blieb das Wadenbein unten hängen und war fixiert. Diese Fixierung hatte Auswirkungen auf den zweiköpfigen Oberschenkelmuskel, der auf der Hinterseite des Oberschenkelknochens liegt. Dieser Muskel wiederum hat eine Verbindung zum Becken. Durch den Zug nach unten wurde das Becken auf der fixierten Seite nach hinten gedreht. Das hatte zur Folge, dass es zu einem Beckenschiefstand kam und das Bein auf der betroffenen Seite nun funktionell 1,5 cm kürzer war. Da das Becken das Fundament der Wirbelsäule ist, hatte dieser Beckenschiefstand natürlich auch Auswirkungen auf die Wirbelsäule. Es kam zu einer Skoliose und Verspannungen in der kompletten Wirbelsäule. Obwohl der Patient mit dem Symptom ’Verspannung der Nackenmuskulatur’ zu mir in die Praxis kam, war die Ursache ein bereits vor Jahren umgeknickter Fuß.

Selbstheilungskräfte aktivieren

Kommt es zu Funktionseinschränkungen, hat das Einfluss auf die Beweglichkeit eines Organs oder Gewebe. Ist die Beweglichkeit gestört, kommt es zum verminderten Fluss der Körperflüssigkeiten. Blut, Liquor und Lymphe werden gehindert. Bei vielen Beschwerden spielt mangelnde Durchblutung von Gewebe eine wichtige Rolle. Sind Hindernisse da, die das Blut bei der Zirkulation stören, ist das Gleichgewicht gestört. Der Osteopath hat das Ziel, diese Hindernisse zu finden und aufzulösen. Sobald das erreicht wird, werden die umliegenden Strukturen wieder besser versorgt und die Selbstheilung wird angeregt. Ist das lymphatische System gestört, kann dies Auswirkungen auf das Immunsystem haben. Bei Funktionseinschränkungen kann zudem das Nervensystem daran gehindert werden, seine Aufgaben ordnungsgemäß zu verrichten. Hier kann der Osteopath durch verschiedene Technik positiv darauf Einfluss nehmen und einen Ausgleich schaffen.

Dauer und Kosten einer Osteopathie Behandlung

Eine Osteopathie Behandlung dauert zwischen 30 und 60 Minuten. Je nach Region kostet die Behandlung zwischen 60 und 150 Euro. Es sollte bereits nach drei bis fünf Behandlungen zu einer deutlichen Besserung der Beschwerden kommen. Je nach Problematik sind mehrere Behandlungen nötig. Viele gesetzliche Krankenkassen übernehmen mittlerweile anteilig die Behandlungskosten.

Fazit:

Ständige Müdigkeit und Abgeschlagenheit können auch mittels Osteopathie behandelt werden. Oft liegt die Ursache an einer verminderten Durchblutung oder an neuralen Problemen. Die Störungen werden gesucht, behandelt und gelöst. Auch hilft die Osteopathie bei Schlafstörungen und vielen anderen Ursachen, die für ständige Müdigkeit verantwortlich sind. Das Auflösen von Verhärtungen der Muskeln und anderen Strukturen und das Harmonisieren des vegetativen Nervensystems bewirken unter anderem, dass sich der Organismus besser entspannen kann.